Ansprache von Marco Medici an der Vormaifeier 2019

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen

 

Auch für die AVIVO ist der Frauenstreik ein wichtiges Thema. Viele unserer Mitglieder waren schon beim ersten Frauenstreik mit dabei, viele werden auch am 14. Juni wieder mit dabei sein.

Endlich, Ende März kam die Reform über die Ergän­zungsleistungen zu einem Abschluss. Im Parlament gab es keine Gegenstimmen, die Linke hat sich enthalten.

Man erinnert sich: Im Jahre 2014 kam der Bundesrat mit einer Vorlage, die die überfällige Anpassung der anrechen­baren Mietzinse an die seit dem Jahre 2000 aufgelaufene Teuerung, bringen sollte.

Im Jahre 2015 präsentierte der Bundesrat eine Vorlage, die bei den Ergänzungsleistungen gewisse «technische» An­passungen vorsahen. Der Bundesrat betonte, das Niveau der Ergänzungsleistungen würde nicht angetastet, die Re­form bringe einen «Erhalt des Leistungsniveaus» der EL. Immerhin waren «Entlastungen» sprich Einsparungen von 150 bis 170 Millionen vorgesehen.

Die vorberatende Kommission des Ständerates hat dann diese Beiden Vorlagen zusammengefügt. Die Absicht war klar. Geplant waren weitere Kürzungen bei den EL. Hätte man diese bekämpft, so hätte man auch die Erhöhung der Mitzinsmaxima bekämpft.

Es folget ein jahrelanges Gerangel, Kürzungsanträgen des Nationalrates brachte eine Opposition gegen diese Kür­zungen im Ständerat.

Abschliessend hier das Resultat von fast fünfjährigen Ver­handlungen. Die Vorlage bringt Verschlechterungen von insgesamt 614 Millionen und Verbesserungen von ca. 210 Millionen Franken, dies hauptsächlich dank der Erhöhung der anrechenbaren Mietzinsmaxima. Ein weiterer, wesent­licher Pluspunkt der Reform ist die Möglichkeit älterer Ar­beitnehmender ab 58 Jahren in der bisherigen Pensions­kasse zu verbleiben und dies auch bei Kündigung und Ar­beitslosigkeit. Bisher musste ein bei einer Aussteuerung aus der Arbeitslosenkasse zuerst das Pensionskassenver­mögen aufgebraucht werden bevor das Sozialamt weiter­half.

Die Reform der Ergänzungsleistungen wurde von einer «Allianz Ergänzungsleistungen» kritisch verfolgt. Dies Al­lianz besteht aus Alters- und Behindertenorganisationen, Frauenorganisationen, Gewerkschaften und dem Mieter­verband. Diese Allianz hat regelmässig auf die Mitglieder der vorbereitenden Kommissionen der beiden Räte und auch auf alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier ein­gewirkt, sei es per Brief, sei es in persönlichen Gesprä­chen. Es konnten doch einige der schlimmsten Vorhaben der Rechten abgewehrt werden. Beim Abschluss der De­batte war von der ganzen Allianz niemand bereit, ein Re­ferendum zu unterstützen. Die AVIVO alleine ist natür­lich nicht in der Lage, ein Referendum zu lancieren. Ob es Sinn machen würde, mit einem Referendum die Erhö­hung der Mitzinsmaxima zu gefährden oder zum mindes­ten zu verzögern, liegt auf einem anderen Blatt.

Dieser Verschlechterung der EL-Leistungen dürften leider im Laufe des Jahres einen weiteren Abbau des Sozialstaa­tes bei der IV folgen. Es bleibt zu hoffen, dass die Wahlen im Herbst eine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse in den eidgenössischen Räten bringen.

  Natürlich, die AHV braucht Geld! Die Finanzierung der AHV ist ein Verfassungsauftrag, Steuersenken ist keiner! Der AHV-Steuer-Deal soll der AHV mehr Geld brin­gen, doch wer bezahlt die Kosten. Ca. 2/3 werden von den Arbeitnehmenden erbracht (auch der Arbeit­geberanteil der zusätzlichen Abzüge werden von den Arbeitnehmenden erbracht, wie man in der NZZ nachlesen kann), ohne jede Gegenleistung, ohne hö­here Rente. Die Unternehmungen hingegen profitie­ren von Steuerreduktionen in Milliardenhöhe. Kleines Beispiel gefällig: Der Chef des Steueramtes der Stadt Biel bringt folgendes Beispiel: Eine ihm bekannte Firma bezahlt heute Fr. 613’000.00 Steuern. Nach der Steuerreform wären es noch 183’000.00, eine Reduk­tion um knapp 70%!

Die berühmten 17% des Mehrwertsteuerprozentes von 1999 sind unsozial, wie die Mehrwertsteuer dies immer ist! Finanziert wird auch dies vom Volk, nicht von den Unternehmungen.
Ein Vorschlag zur Sanierung der AHV:    AHV-Ab­züge auch auf Kapitalgewinnauszahlungen wie Divi­denden. Jährlich werden ca. 220 Milliarden Franken an Dividenden ausbezahlt, davon gehen 2/3 bis ¾ ins Ausland. Bei einem reduzierten Satz von 5%  ergä­be dies immerhin 11 Milliarden Franken!

Bertold Brecht spricht von den 7 Todsünden des Kleinbürgers. Dazu gehören Stolz, Unzucht, Hab­sucht usw. Die absolute Todsünde jedes linken Men­schen ist die Beilhilfe beim Abbau von Unterneh­menssteuern. Was abgebaut ist, kann kaum je wieder eingeführt werden. Warum macht die Schweiz überhaupt die ganze Übung: Es ist einmal mehr der Druck aus dem Aus­land, der OECD und der EU, wie beim Bankgeheim­nis. Bisher wurden ausländische Firmen und Kon­zerne mit Dumpingansätze im Steuerbereich in die Schweiz geholt. Sie bezahlten viel tiefere Steuern als die Schweizer Firmen. Die Konzerne haben also ein Interesse, ihre Gewinne im Tiefsteuerland Schweiz anfallen zu lassen und nicht etwa dort, wo die Gewinne entstanden sind, zum Beispiel im Kongo, aber auch nicht in den Län­dern der OECD und der EU.

Die Schweiz hat dem ausländischen Druck eine ver­meintlich schlaue Lösung präsentiert: statt die Steu­ern für die ausländischen Firmen auf das Schweizer Niveau anzuheben, hat man die Steuern für die Aus­länder nur ganz leicht angehoben, dafür jene für die Schweizer Unternehmungen massiv gesenkt. OECD-Länder werden dies verschmerzen könne, die Länder des Südens aber verlieren weiterhin angemes­sene Steuereinnahmen. Warum wohl hat sich Glen­core im Tiefsteuerland Schweiz angesiedelt und nicht im Kongo? Hier liegt auch der Grund, warum Ak­teure der Entwicklungszusammenarbeit gegen diese Steuerreform sind. Jene Eidgenossinnen und Eidge­nossen, die der Helvetas jährlich. Fr. 50.00 überwei­sen, dieser Steuervorlage aber zustimmen, begehen eine grandiose Heuchelei, unser Steuersystem ist ein Werkzeug zur Ausplünderung der Länder des Südens. Befürworter aus dem linken Spektrum erklären, diese Vorlage vermindere die Ungerechtigkeit des Steuer­systems gegenüber den Ländern des Südens. Da die Steuern für die ausländischen Gesellschaften etwas angehoben würden, hätten die Länder des Südens we­niger Einbussen. Dies stimmt natürlich nicht. Die Be­fürworter behaupten ja, längerfristig würde diese Steuerreform der Schweiz Mehreinnahmen bringen, da neue, ausländische Gesellschaften sich in der Schweiz ansiedeln würden. Auch diese neuen Firmen entziehen den bisherigen Standorten Steuereinnah­men!

Allerdings könnte es zu einem bösen Erwachen für die Schlaumeier kommen: Der Internationale Wäh­rungsfonds (IMF) arbeitet auf der Basis einer Studie der OECD an einer Steuerreform. Gewinne sollen nicht mehr am Hauptsitz einer Firma, für Glencore also im Kanton Zug, versteuert werden, sondern dort, so sie entstehen, also zum Beispiel im Kongo oder in Norwegen. Diese Reform würde die Schweiz je nach Variante zwischen 3 und 10 Milliarden Franken Steuerausfälle bringen, das heisst, die ausländischen Firmen, für die die heutige Reform ja gemacht wird, würden wenig bis nichts mehr in unser Kässeli einzahlen. Nutzniesser der ganzen Übung sind dann nur die Schweizer Firmen, die Steuern sparen und dafür ihre Gewinne steigern!

Durch diesen Deal, diese STAF-Vorlage verlieren Bund, Kantone und Gemeinden viel Geld. Die prognostizierten 2 Milliarden dürften mit grosser Sicher­heit nicht ausreichen. Die Unternehmersteuerreform 2 lässt grüssen. Bundesrat Merz sprach von etwa 80 Millionen Steuerausfällen, es waren dann mehrere 100 Millionen!

Es drohen Steuererhöhungen (wie heute schon im Kanton Waadt, der die ganze Übung vorgezogen hat und wo einzelne Gemeinden Steuererhöhungen pla­nen.) oder ein Abbau im Sozialbereich, bei der Bil­dung und sicherlich auch bei der Betreuung der alten Menschen!

Wir haben es gehört, die kantonale Vorlage zur Umsetzung der STAF-Vorlage soll abgelehnt werden. Dies ist auch unserer Meinung. Aber warum nicht gleich die eidgenössische Vorlage ablehnen, die kantonale würde sich dann ja erübrigen!

Wir sagen klar:  NEIN!  zur STAF !!

Die Avivo wünscht Euch einen kämpferischen 1. Mai! Und einen erfolgreichen Frauenstreik.

 

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